Corporate Newsrooms Titel

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Liebe Leserinnen und Leser,

viele Unternehmen bauen ihre Kommunikationsabteilungen nach dem Vorbild von Zeitungs- und TV-Redaktionen um. So sitzen PR- und Marketingspezialisten gemeinsam in einem Corporate Newsroom – im besten Fall an einem Desk, um die eigenen Themen und Inhalte übergreifend planen, erarbeiten und distribuieren zu können. Doch es geht um viel mehr als nur um ein Großraumbüro. Das Newsroom-Konzept bedingt eine veränderte Rollen- und Aufgabenverteilung, andere Abläufe und nicht zuletzt eine neue Haltung der Kommunikatoren. Im aktuellen OSK Weekly haben wir einige Hintergründe zu dieser Entwicklung zusammengestellt.

Viel Spaß beim Lesen!

Journalisten dringend gesucht

Online-Redakteure sind in Unternehmen gefragt wie nie. Um 117 Prozent sei die Zahl der ausgeschriebenen Stellen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, schreibt das Handelsblatt und beruft sich dabei auf Zahlen des diesjährigen Digitalen Job-Monitors. Grund dafür scheint der Content-Boom zu sein. Um spannende Artikel über eigene Produkte oder authentische Berichte aus dem Innenleben des Unternehmens zu erstellen, würden Großkonzerne inzwischen eigene „Corporate Newsrooms“ aufbauen. Diese seien teilweise besser besetzt als eingesessene Zeitungsredaktionen. So würden im Nachrichtenraum der Deutschen Telekom bis zu 90 Mitarbeiter sitzen, 50 seien es bei Siemens, 30 bei der Deutschen Bank. Die Anforderungen an die neuen Corporate-Redakteure seien hoch. Eine gute „Schreibe“ allein genüge nicht mehr. Gefragt seien Leute mit Kenntnissen in Planung, Social Media, Kanalsteuerung, Recherche, Contentstrategie und Storytelling.

Newsrooms haben das Media-Monitoring verändert

Moderne Unternehmenskommunikation braucht modernes Media-Monitoring, davon ist das PR-Journal überzeugt. Die Kommunikatoren in den Newsrooms bräuchten heute Informationen und Analysen über die eigenen Kanäle in Echtzeit. Darauf hätten sich inzwischen auch Monitoring-Dienstleister wie Unicepta eingestellt. Das Unternehmen hat mit der Lufthansa am Flughafen Frankfurt einen Newsroom aufgebaut. Zentrales technisches Hilfsmittel sei eine große Video-Wand, die anzeige, welche Themen gerade heiß diskutiert werden, welche Online-Artikel gut oder schlecht laufen oder was in den sozialen Medien über das eigene Unternehmen gesprochen wird. Die Technik sei inzwischen so ausgereift, dass sie schnell skalierbar und damit für den Mittelständler ebenso wie für den großen multinationalen Konzern einsetzbar sei.

Wovon wir sprechen, wenn wir über Newsrooms reden

Ursprünglich kommt das Newsroom-Konzept aus der Zeitungsbranche der 1990er-Jahre. Damals hätten, das berichtet der Blog Trend Report, Redaktionen begonnen, die strenge Trennung ihrer Ressorts durch ein neues Raumkonzept aufzulösen. Alle Redakteure saßen plötzlich gemeinsam auf einer großen Fläche. Dabei ging es vor allem darum, Synergien zwischen den Print- und den neu aufkommenden Online-Redaktionen zu schaffen. Das Konzept ist auch für Kommunikationsabteilungen interessant. Inzwischen leisten sich viele Unternehmen eigene Corporate Newsrooms. Der Aufbau ist allerdings nicht ganz einfach. Denn auf dem Weg dorthin sei viel Überzeugungsarbeit nötig. Alteingesessene Mitarbeiter stünden Umstrukturierungen oft skeptisch gegenüber, bedeuteten diese, Zuständigkeiten oder Verantwortung abzugeben oder neu zu organisieren. Vor allem auf große Konzerne treffe das zu, wo die Kommunikationsarbeit auf unterschiedliche Abteilungen verteilt sei. Doch seien die neuen Strukturen einmal etabliert, könne die Kommunikation viel effektiver und effizienter umgesetzt werden.

Warum der Newsroom die perfekte Infrastruktur für Content-Marketing ist

Content Marketing habe die PR grundlegend verändert, schreibt Lead Digital. Denn mit Blogs, Magazinen oder den sozialen Medien würden Kommunikatoren selbst zu Publishern. Deshalb müssten sie nicht nur das Handwerkszeug für digitale, contentgetriebene Kommunikation beherrschen, sondern auch die nötige Infrastruktur dafür in den Agenturen und Kommunikationsabteilungen schaffen. Das sei in den meisten Fällen ein Newsroom – im Idealfall sogar ein Großraumbüro, in dem ein Team aus Themen- und Kanalspezialisten gemeinsam alles von Twitter bis zum Unternehmensblog bespiele. Der Versandhändler Otto hat diesen Schritt gerade gemacht. Statt klassischer Unternehmensinfos solle der neue Otto-Newsroom Hintergründe und Themen vermitteln, die die digitale Welt bewegen, und auch Platz für Meinungen und Analysen von freien Autoren, Brancheninsidern oder Influencern bieten.

Feinschliff für den Content

Wir erleben gerade eine Content-Explosion. Wenn ein durchschnittlicher deutscher Nutzer Facebook öffne, habe er in der Regel 1.500 neue Contents, die er sich seit seinem letzten Besuch anschauen könnte, schreibt Deutschlandfunk Kultur. Wie “Contents” dabei definiert ist, wird nicht näher beschrieben. Sicherlich zählen neben herkömmlichen Posts auch Stories, Videos und Bildergalerien dazu. Über 50 Prozent davon würden nie gesehen. Deshalb ist bei der Content-Produktion Qualität so wichtig. Um diese zu gewährleisten, orientieren sich immer mehr Unternehmen an den großen Verlagshäusern. Sie arbeiten wie Redaktionen und sehen oft auch so aus. Ein gutes Beispiel dafür ist Siemens. In der Zentrale hat der Konzern einen eigenen Newsroom eröffnet. Solche Investitionen könnten sich schnell lohnen, denn guter Content fördert die Kundenbindung und Authentizität. Wo sich Journalisten einarbeiten müssten, um komplexe Zusammenhänge mühevoll zu simplifizieren und zu erklären, könnte ein Unternehmen aus erster Hand berichten.

Corporate Newsrooms ersetzen journalistische Redaktionen nicht

Wenn Unternehmen selbst zu Publizisten werden – ist es dann auch Journalismus? Nein, sagt ganz klar die Autorin und Redenschreiberin Nicola Karnick. Denn die Inhalte, die Unternehmen produzieren (ob im Newsroom oder nicht), dienten ihren wirtschaftlichen Interessen. Karnick findet es legitim, dass Unternehmen eigene Formate und Kanäle entwickeln, um ihr Zielpublikum direkt anzusprechen. Nur sollten sie es nicht als Journalismus bezeichnen. Denn Journalismus bedeute, unabhängig zu informieren und aufzuklären – in Politik, Sport und auch Wirtschaft. Dazu zitiert Karnick auch die Selbstverpflichtung des Deutschen Rats für Public Relations: „PR- und Kommunikationsfachleute respektieren die von der Verfassung garantierten Grundrechte sowie insbesondere die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien und beeinträchtigen diese nicht durch unlautere Mittel.“ Karnick plädiert deswegen für Transparenz und Klarheit bei der Benennung der verschiedenen Disziplinen.

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.