Connected Bike COBI

Foto: COBI

Der Autoverkehr stößt in der Stadt manchmal an Grenzen. Deswegen sind neue, integrierte Mobilitätskonzepte der Trend. Sie kombinieren unterschiedliche Verkehrsmittel wie Auto, ÖPNV oder Rad sinnvoll und intelligent miteinander. Gerade das Fahrrad erlebt derzeit seine Wiedergeburt als hippes Lifestyle-Objekt und Kulturgut für die urbane Alltagsmobilität. Aus dem herkömmlichen Fahrrad wird das Connected Bike.

Dabei macht das gute, alte Radl den Schritt in die digitale Moderne. Die sogenannten Connected Bikes sind vernetzt und emotional aufgeladen mit extravagantem Design, Elektronik sowie Hightech-Features wie bei modernen Pkw. Sie verfügen über Smartphone-Schnittstellen inklusive Apps für Navigation, Diebstahlschutz und GPS-Ortung sowie integrierte Crash-Sensoren. Doch so viel vorab: Die etwa 6.000 Jahre alte Urform des Rades wird durch die Digitalisierung vorerst nicht neu erfunden. Das Fahrrad erreicht durch die Möglichkeiten der mobilen Vernetzung allerdings eine neue Evolutionsstufe. Die Akteure aus Fahrzeugbranche, IT und Telekommunikation haben diese Chancen erkannt. Smarte Bikes sind sicherer und komfortabler als die Drahtesel von gestern, und sie bieten neue Ansätze für die urbane Mobilität.

Funktionen wie beim Connected Car

© COBIVernetzt mit Handy und mobilem Internet wird das Bike richtig smart. Foto: COBI

Intelligente Fahrräder und E-Bikes, wie sie z.B. die Telekom gemeinsam mit den Radherstellern Bulls und Canyon vorgestellt hat, erkennen durch eingebaute Crash-Sensoren kritische Situationen. Wenn nötig, senden sie einen Notruf (eCall). GPS lokalisiert verunfallte Radfahrer; Ärzte können diese dann schneller versorgen. Die Bikes kommunizieren auch mit dem Fahrer: Eine App liefert Infos zu technischen Daten, Laufleistung und Zustand der Verschleißteile. So weiß der Besitzer immer, wann er Bremsbeläge, Kette und Schaltzüge erneuern muss. Das passende Ersatzteil bestellt er mit einem Klick via App.

Herzstück der Telekom-Lösung ist eine kleine Kommunikationseinheit, die sogenannte On-Board-Unit. In ihr vereint sich die Technik, die aus einem Fahrrad ein „Connected Bike“ macht: die SIM-Karte, der Mikrocontroller, ein Bewegungssensor und ein GPS-Modul. Das Rad ist außerdem an verschiedenen Stellen mit Sensoren versehen, die für den Fahrer relevante Daten an die On-Board-Unit senden. Sowohl das Canyon Fahrrad als auch das schicke Bulls E-Bike mit Telekom IT-Plattform sollen in Serie gehen.

Samsung hat die Technologie seiner Smartphones mit einer Bike-Studie kombiniert. Das Samsung Smart-Bike verfügt über integrierte Bluetooth- und WiFi-Schnittstellen sowie eine Kamera im Rahmenheck. So kann der Fahrer das Live-Bild der Kamera auf sein Smartphone übertragen und den rückseitigen Verkehr im Auge behalten. Bei Dunkelheit reagiert der Lichtsensor des Handys und aktiviert automatisch das Licht sowie vier Laser im Bike, die eine Fahrspur neben den Fahrer projizieren – eine Art illuminierter Radweg, der andere Verkehrsteilnehmer zum Abstand halten animiert.

Samsung Smart Bike from Samsung Maestros Academy on Vimeo.

Noch abgefahrener ist die Technik des bereits kaufbaren Vanhawks Valour Carbon-Bikes. Wie beim Auto überwachen hier Ultraschallsensoren die Umgebung des Rades. Sie warnen den Fahrer durch leichte Vibrationen am Lenker, wenn andere Fahrzeuge zu nahe kommen. Für die Navigation gibt es eine spezielle App. Sie sendet Abbiegesignale (rechts/links/wenden) an das Bike, die dem Fahrer am Lenker mit integrierten LED-Leuchten angezeigt werden. So ist es fast unmöglich, sich im Großstadtdschungel zu verirren. Kostenpunkt: rund 1.250 US-Dollar.

Digitales Tuning und Diebstahlschutz für alle

Der noch junge Markt für Smart-Bikes bietet auch günstige Lösungen zum Nachrüsten alter Fahrräder an. Das über die Crowdfunding-Plattform „Kickstarter“ finanzierte Projekt COBI (für Connected Bike) verspricht ab Mai 2016 für rund 260 Euro ein modulares System. In Kombination mit gängigen Smartphones vereint es in sich mehrere komfortable Funktionen.

Connected Bike 3Das Connected Bike ist die nächste Evolutionsstufe des Rades. Foto: COBI

Besonders praktisch ist dabei das Diebstahlschutzsystem. Es ertönt lautstark, wenn Fremde sich am Bike zu schaffen machen. Apropos Diebstahl: Was nützt das tollste Bike, wenn es geklaut wird? Dieses wohl älteste Problem aller Radbesitzer wird durch die neuen Technologien endlich gelöst. Entweder durch Alarmfunktionen oder durch versteckte GPS-Module. Sie ermöglichen eine genaue Ortung gestohlener Räder, wie etwa im vernetzten Pedal von Connected Cycle, das einfach an jedes Rad geschraubt werden kann.

Connected Bike 5 Das Smart Pedal warnt den Besitzer bei Diebstahlgefahr per App und erlaubt die Ortung via GPS im Fall der Fälle. Foto: Connected Cycle

Seit April bietet der europäische Markt aber auch ein smartes Komplett-E-Bike des niederländischen Fahrradherstellers VanMoof. Das brandneue „Electrified S“ ist mit einem GPS-Tracking-System sowie einer Smartphone-Schnittstelle ausgestattet. So können Besitzer jederzeit mit einer App checken, wo ihr Bike sich befindet. Diese neue Generation von Rädern verbindet den seit Jahren andauernden E-Bike-Trend mit den Möglichkeiten der Connectivity. In Deutschland haben sich 2015 bereits 520.000 Menschen für ein E-Bike entschieden. 40 Prozent der E-Biker nutzen ihr Rad, um zur Arbeit zu fahren. Ob mit oder ohne E-Power, das Fahrrad ist aus dem städtischen Berufsverkehr nicht wegzudenken.

Connected Bike 4Kommen andere Verkehrsteilnehmer zu nahe, warnt das Vanhawks Valour mit Vibrationen im Lenker. Foto: Vanhawks

// Mit Schwarmdaten zur besseren Radinfrastruktur

Verkehrsexperten nutzen die von den Bike-Apps aufgezeichneten Daten bereits, um die Radinfrastruktur in Städten zu optimieren. Die digitalisierten Routeninformationen werden dabei zu sogenannten Heatmaps verarbeitet, die genau anzeigen, wie intensiv Radfahrer auf welchen Strecken unterwegs sind. Aktuell untersucht die European Space Agency im Projekt „Space-Technology for Cyclists” die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Mobilitätsverhalten von Menschen in den Städten. Als technische Grundlage dient die Bike Citizens Fahrrad-App. Städte wie Berlin, London, Paris und Wien arbeiten mit Bike Citizens zusammen. Je mehr Räder in den Städten online und vernetzt sind, desto mehr Informationen können ausgewertet werden.
© Bike Citizens„Heatmaps” zeigen wo Radfahrer in Städten unterwegs sind Foto: Bike Citizens

Fazit: Nein, das Rad selbst wird durch die Digitalisierung noch nicht neu erfunden, aber das Fahrrad schon ein bisschen. Wie so oft bei guten Ideen, liegt der Reiz dabei in der Neukombination bereits erfolgreicher Vorerfindungen: Die Connected (E-)Bikes vereinen die selbstbestimmte Mobilität eines Autos mit dem zügigen Flow der U-Bahn. Außerdem kombinieren sie einen Schuss körperlicher Aktivität mit urbanem Lifestyle. Jetzt muss nur noch die App gegen schlechtes Wetter erfunden werden.

Über den Autor

Thomas Georg ist Kommunikationswissenschaftler mit Marketing-Background und hat sich auf die Konzeption und Produktion moderner Content-Formate spezialisiert. Dabei setzt er auf crossmediale Kommunikationsansätze, die er für Kunden und Unternehmen aus der Automotive- und Technologiebranche entwickelt. Für den OSK Blog schreibt er über Trends und Herausforderungen bei Medien- und Content-Produktionen, berichtet über Neuigkeiten aus der Mobilitäts- und Technikwelt und kommentiert die aktuellen Veränderungen in der Kommunikation. Thomas Georg hat als leidenschaftlicher Mountainbiker bereits mehrfach die Alpen auf zwei Rädern passiert und ist Hobbyfotograf.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.