zukunft Titel Daisuke Furuta

Daisuke Furuta -JTsuboike swQualität und die richtige Strategie – diese zwei Dinge hält Daisuke Furuta für unabdingbar, um Inhalte möglichst weit zu verbreiten. Gleichzeitig brauchten Verlage aber auch den Mut, sich auf technologische Neuigkeiten einzulassen, erklärt der Gründungs-Chefredakteur von BuzzFeed Japan. Im Gespräch erzählt Furuta, wie sich BuzzFeed an neue Social-Media-Plattformen herantastet und warum sich die Finanzierung des Journalismus erst einmal nicht grundlegend verändern wird.

BuzzFeed hat verstanden, wie die sozialen Netzwerke funktionieren. Kaum jemand nutzt die verschiedenen Kanäle so intensiv wie das 2006 von Jonah Peretti gegründete Online-Portal. BuzzFeed will junge Leser ansprechen – mit kurzweiligen Inhalten wie Listicles oder Tiervideos, zuletzt aber auch verstärkt mit Nachrichten und Reportagen. Zunächst in den USA gestartet, hat die Seite mittlerweile Ableger in vielen weiteren Ländern. Seit 2016 gibt es auch eine japanische BuzzFeed-Ausgabe. Die Expansion sei ein Aufbruch ins Unbekannte gewesen, erklärte Scott Lamb, der die internationalen Geschäfte von BuzzFeed verantwortet: Japan sei einer der Märkte gewesen, über den das Unternehmen wenig gewusst habe. Daher habe sich das Portal einen großen Partner für den Start gesucht: Yahoo Japan, eine der reichweitenstärksten Websites des Landes.

Gründungs-Chefredakteur ist Daisuke Furuta, der zuvor Korrespondent in Singapur war und für The Asahi Shimbun gearbeitet hat, Japans zweitgrößte Zeitung. An BuzzFeed gefalle ihm vor allem der Gedanke, „mithilfe der Technologien über möglichst viele Kanäle möglichst viel Content an eine größtmögliche Masse zu distribuieren.“ Ein heimatloses Medium sei BuzzFeed aber noch lange nicht – es habe aber mehr als ein Zuhause.

Daisuke Furuta
Gründungs-Chefredakteur von BuzzFeed Japan

Twitter: @masurakusuo
Facebook: Furuta Daisuke
Instagram: daisuke_furuta
LinkedIn: Daisuke FURUTA

1. Wie zeichnet sich Qualitätsjournalismus in Zukunft aus und was schadet ihm?

Guter und qualitativer Journalismus beinhaltet vor allem immer eines: eine detaillierte und gründliche Recherche. Ich glaube nicht, dass sich die Merkmale des Qualitätsjournalismus ändern. Durch die digitale Ära bekommen wir neue Infos über unsere Leser. Da gibt es die Page Views, die Anzahl der Unique Visitors oder die Zeitangabe darüber, wie lange ein Leser einen spezifischen Content konsumiert hat. Das hat gute und schlechte Seiten. Die gute Seite ist, dass wir sehen, womit sich die Leser identifizieren und was sie gerne teilen. Dahingehend können wir über solche Inhalte unseren Content anpassen und optimieren. Die schlechte Seite aber ist: Die Zahlen darüber, was Leser lesen und teilen, sagen nicht zwangsläufig etwas über die Qualität des Journalismus aus. Wären für unsere Contentwahl nur jene Zahlen ausschlaggebend, würden wir einen falschen Weg verfolgen. Darum schauen wir bei BuzzFeed immer auch über den Tellerrand hinaus und betrachten den inhaltlichen Mehrwert, den die reinen Daten nicht angeben.

Heute schreiben Journalisten viel öfter über Dinge, die näher am Leben der Leser sind.

2. Was sind die großen Trends im Journalismus und was wird sich davon künftig durchsetzen?

Seitdem es Facebook, Twitter und andere soziale Medien gibt, schauen sich auch die Journalisten vermehrt dort um. Vor dem Social- Media-Zeitalter handelten die Geschichten vieler Redakteure häufig von großen Organisationen oder Firmen. Heute schreiben Journalisten viel öfter über Dinge, die näher am Leben der Leser sind und mit denen sich das Publikum leichter identifizieren kann. Denn durch Social Media ist die Lücke zwischen Redakteur und Leser kleiner geworden. Das wird weiterhin ein großer Trend sein.

3. Wie und wo recherchieren Sie nach guten und spannenden Inhalten?

Auch hier helfen die sozialen Medien. Obwohl wir natürlich auch traditionelle Quellen nutzen, sind soziale Netzwerke für uns wichtig. Gute Quellen sind solche, die nah am Leben der Menschen sind.

4. Was muss man als Journalist künftig tun und können, um gelesen und wahrgenommen zu werden?

In der Ära des Internets, der Social Media und Blogs kann jeder Nutzer Artikel schreiben, die wahrgenommen werden. Es gibt eine massive Flut an Content. Ich glaube, dass Qualität im Journalismus tatsächlich entscheidend ist. Außerdem ist es grundlegend, die Charakteristika jener Plattformen zu kennen, die man bedient. Denn nur so können die Artikel gefunden werden. Die Qualität und die Strategie bei der Distribution sind die beiden Schlüssel zum Erfolg.

// Über #ZukunftDesJournalismus
Mobiles Internet, immer leistungsfähigere Smartphones, neue Nachrichtendienste: Die Medienlandschaft verändert sich rasant und mit ihr der Journalismus. Viele Fragen bewegen die Branche: Ist die Tageszeitung ein Auslaufmodell, weil die jüngeren Zielgruppen aktuelle Nachrichten nur noch auf mobilen Endgeräten konsumieren? Erledigen bald Schreibroboter typische Routineaufgaben und machen damit einen Teil der Redakteure überflüssig? Mit welchen neuen journalistischen Darstellungsformen können Menschen erreicht werden, die immer weniger lesen und nur noch Bilder anschauen? Gemeinsam mit Journalisten und Medienmachern aus ganz unterschiedlichen Richtungen wagt OSK einen Blick in die Zukunft des Journalismus. Das Prinzip ist immer das gleiche: acht Fragen, acht Antworten. Stück für Stück entsteht so ein Bild, das belastbare Aussagen zu entscheidenden Trends von morgen und übermorgen ermöglicht.

5. Die technologischen Veränderungen sind rasant – wie müssen sich vor diesem Hintergrund der Journalismus verändern und dessen Anbieter anpassen?

Wir erleben bei BuzzFeed eine ständige Anpassung. Wenn eine neue Plattform aufkommt, versuchen wir, uns ihren Herausforderungen zu stellen. Das geht am besten, indem wir dort Content veröffentlichen. Dadurch erhalten wir Daten, wodurch wir wiederum unsere Inhalte optimieren können. Wir schauen uns also die Daten an, diskutieren sie und geben unser Bestmögliches, um uns an den neuen Trend anzupassen. Sich nur auf eine Plattform zu verlassen, ist problematisch. Medien können schnell Reichweite und Einfluss verlieren, wenn eine Plattform kleiner und unwichtiger wird oder schlichtweg den Algorithmus zum Nachteil des Publishers verändert. Darum nutzen wir viele verschiedene Plattformen als Ergänzung zu unserer eigenen Seite. Wir sehen BuzzFeed deshalb als ein Medium, das nicht nur ein Zuhause hat.

Sich nur auf eine Plattform zu verlassen, ist problematisch.

6. Wie verdient der Großteil der Medien künftig Geld?

Ich glaube nicht, dass es eine Veränderung hinsichtlich der Einnahmequellen geben wird. Es wird für uns weiterhin zwei Säulen geben: das Transaktionsmodell und das Anzeigen-Modell. Wie in Deutschland funktioniert auch in Japan das Abo-Modell immer noch sehr gut, wenngleich selbstverständlich ein Rückgang zu verzeichnen ist. Junge Leser greifen eher zu den digitalen Angeboten und lassen sich die Zeitung nicht nach Hause liefern. Bei den Anzeigen im Web werden neben dem normalen Banner natürlich neue Formen wie Native Ads in Zukunft eine größere Relevanz haben. Meiner Meinung nach besteht darin kein Problem, solange Redaktionen diese Werbeformen genau kennzeichnen. Mir gefallen viele Beispiele, die ich dann auch gerne auf Facebook mit meinen Freunden teile. Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr von solchen Inhalten gibt.

7. Wie sehen Ihrer Ansicht nach journalistische Inhalte und die Angebotslandschaft in fünf Jahren aus?

Es ist schwer, fünf Jahre in die Zukunft zu blicken, weil die Veränderungen so schnell geschehen. Ich höre derzeit häufig, dass der Text tot ist, weil sich Videos und ihre Nutzung so stark verbreiten. Dem stimme ich aber nicht zu. Text wird weiterhin leben. Es gibt Inhalte, die sich besser über Videos distribuieren und rezipieren lassen. Für andere Inhalte eignen sich aber Texte und Fotos besser. So oder so: Es ist zunehmend wichtiger, Inhalte bereitzustellen, die angenehm auf dem Smartphone zu konsumieren sind. Das bevorzugen die Leser und das merken wir auch bei BuzzFeed in Japan. Die Mehrheit konsumiert unsere Inhalte mobil.

8. Welches Medium fehlt heute noch auf dem Markt?

Es gibt so viele! Unmengen an Bereichen sind noch kaum abgedeckt. Das Schöne: Durch den technologischen Fortschritt kann selbst ein einzelner Journalist in manchen Themengebieten Reportagen, Interviews und Artikel schreiben und sie gleichzeitig eigenständig distribuieren. Auch ohne große Redaktion hinter sich kann man als Redakteur Erfolg haben.

Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.