Christiane Schulz GPRAChristiane Schulz ist seit Mai 2017 Präsidentin der Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen (GPRA) und setzt sich dort vornehmlich für die Schwerpunktthemen Journalismus, Agentur-Kundenbeziehungen und Geschäftsfelder der Zukunft ein.

Außerdem wirkt sie seit August 2013 als CEO von Weber Shandwick in Deutschland und ist seit 2018 Mitglied des EMEA Strategy Boards von Weber Shandwick.

Christiane Schulz ist Expertin für Kommunikationsberatung und arbeitet seit über 17 Jahren für Kunden aus dem Bereich Food- & Beverage, Beauty & Lifestyle, Mobility & Logistik sowie Energie. Ihre disziplinübergreifende Erfahrung zeichnet sie aus: Sie berät Kunden im Bereich Marketing als auch zu allen Facetten der Corporate Communications. Das Thema Employer Branding ist für sie die moderne Form von Corporate Communications, gepaart mit dem Erlebbarmachen der Unternehmensmarke.

2012 erhielt Christiane Schulz in der Kategorie „Maverick of the year“ den Stevie Award for Women in Business.

Christiane Schulz
Präsidentin der GPRA

Twitter: @GPRA
LinkedIn: Christiane Schulz

1. Welchen Stellenwert hat die PR in Ihrem Unternehmen/Ihrer Organisation heute – und künftig?

PR hat einen sehr hohen Stellenwert. Sie ist in unserer DNA und steckt immer im Kern unserer Arbeit. Das Know-how zur richtigen Zielgruppenansprache und die entsprechende Aufbereitung von Inhalten werden an Bedeutung weiter zunehmen.

2. Welche Stärken hat die PR? Wie kann sie ihre Position künftig weiter ausbauen? Was sind die großen PR-Trends und welche werden sich durchsetzen?

Die PR hat in den letzten Jahren maßgeblich von der Digitalisierung, der veränderten Mediennutzung sowie dem kontinuierlich zunehmenden Wandel im Allgemeinen profitiert. Dies kann man daran erkennen, dass die Branche in den letzten Jahren sehr gute Wachstumsraten hatte. Warum? Weil PR Kommunikations- und Business-Lösungen für sehr viele der heutigen Herausforderungen ermöglicht, die einen messbaren Wert erzielen.
Generell würde ich bei der Betrachtung der Trends die zwei großen Bereiche der PR unterteilen: die Corporate und die Marketing Communication. Beide Bereiche haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt.
Corporate Communication erhält eine immer größer werdende strategische Rolle für Unternehmen.

Drei zentrale Faktoren sind hierfür ursächlich:

1. Wer heute seine Reputation effektiv beschützen möchte, der benötigt ein integriertes Reputations- und Risikomanagement, denn die Bedrohungen, die unter anderem durch die Digitalisierung und die sozialen Medien entstanden sind, wie zum Beispiel Cyber Security oder Fake News, fordern ein Upgrade der bisherigen Aktivitäten in dem Bereich. Erfahrungswerte zeigen, dass viele Unternehmen hier erst am Anfang stehen und einen größeren Nachholbedarf haben.

2. Darüber hinaus ist jedes Unternehmen, jeder Verband, jede NGO etc. mit zunehmendem Wandel konfrontiert. Dies geht von M&A über veränderte Organisationsstrukturen bis hin zur Einführung von neuen Prozessen und vielem mehr. Diesen Wandel werden nur diejenigen erfolgreich bewältigen, die ihre Mitarbeiter mitnehmen. In diesem Rahmen wird die Bedeutung von Change Management beziehungsweise einer modernen Form der Mitarbeiterkommunikation massiv zunehmen.

3. Aufgrund der Demografie in Deutschland ist es bereits zu einer Verknappung am Arbeitsmarkt gekommen. Gleichzeitig bedeuten die Erwartungen und Werte der Generationen Y und Z ein großes Umdenken für viele Arbeitgeber. Hierdurch wird Employer Branding zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor.

Erfolgreiche Marketing-Kommunikation muss zukünftig klar belegen, welchen Beitrag sie im Sales Funnel leistet.

Im Bereich der Marketing-Kommunikation sehe ich zwei zentrale Trends:

1. Durch die Digitalisierung liegt der Fokus zukünftig auf der direkten Verknüpfung von „Content zum Abverkauf“. Durch Targeting kann die Zielgruppe effektiv angesprochen werden und der Erfolg wird unmittelbar messbar. Paid Media ist ein fester Bestandteil von PR geworden. Das heißt, erfolgreiche Marketing-Kommunikation muss zukünftig klar belegen, welchen Beitrag sie im Sales Funnel leistet. Dies tut sie auch heute teilweise schon sehr gut, die unmittelbaren Wirkungsmechanismen lassen sich mit zunehmenden technischen Möglichkeiten jedoch besser belegen.

2. Darüber hinaus wird besonders die Entwicklung von Voice die Marketing-Kommunikation vor einen großen Umbruch stellen. Während diese Entwicklung die Werbung vor Herausforderungen stellen sollte, dürfte die PR davon überproportional profitieren, da Voice von gutem Content lebt. Hierdurch ergeben sich auch neue Anforderungen an die Markenberatung, ein Bereich, der auch in vielen Facetten von der PR verantwortet wird.

Die Messbarkeit von PR wird weiter zunehmen und auch eingefordert werden. Während in den letzten Jahren viel darüber in den Medien gesprochen wurde, sieht man diese Forderungen zunehmend mehr in gelebte Praxis verwandelt.

3. Spielen Daten, Algorithmen und künstliche Intelligenz bereits eine Rolle in Ihrer täglichen PR- und Kommunikationsarbeit?

Daten sind Grundlage der strategischen Beratung und sie sind ebenso im Kommunikations-Controlling unerlässlich. Daten haben damit eine besonders wichtige Rolle für die tägliche Kommunikationsarbeit. Bei der Datenerhebung und Analyse spielen Algorithmen bereits heute eine zentrale Rolle. Mit den ersten Chatbots, die zum Beispiel ein Community Management übernehmen können, gibt es auch erste Beispiele für den Einsatz von KI. Allerdings sind dies meist eher einzelne Projekte, die häufig als Pilot bezeichnet werden, um Erfahrungen zu sammeln.

// Über #ZukunftDerPR
Nach unserer erfolgreichen Serie #ZukunftDesJournalismus, die sich mit dem Medienwandel und den damit verbundenen Veränderungen für den Journalismus beschäftigt hat, werfen wir nun einen Blick auf die PR-Arbeit von morgen. Wie schon bei der #ZukunftDesJournalismus, werden wir die spannendsten Folgen unserer Blog-Reihe auch wieder in einem Buch veröffentlichen. Worauf wird es dabei ankommen? Was sind die großen Trends? Gemeinsam mit Profis und Entscheidern der PR- und Kommunikationsbranche wollen wir diese Fragen beantworten. Das Prinzip ist immer das gleiche: sieben Fragen, sieben Antworten von PR-Experten aus den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Stück für Stück entsteht so ein Bild, das interessante Aussagen zu entscheidenden Entwicklungen von morgen und übermorgen ermöglicht.

4. Welchen Stellenwert haben die etablierten Medienmarken im Vergleich zu den neuen? Sind die Newcomer für Ihre PR-Arbeit bereits wichtiger als die Platzhirsche?

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, ohne festzulegen, über welche Zielgruppe wir hierbei sprechen. Die etablierten Medienmarken haben für viele Zielgruppen weiterhin eine große Relevanz. Je nach Aufgabe und Zielgruppe kommt Newcomern in einigen Bereichen eine sehr wichtige Rolle zu. Festhalten können wir auch, dass die jüngeren Zielgruppen kaum über die etablierten Medienmarken zu erreichen sind.

5. Stichwort Content Marketing: Immer mehr Unternehmen sind inzwischen selbst zu Publishern geworden und bauen eigene Kanäle weiter auf/aus. Trifft das auch für Ihr Unternehmen/Ihre Organisation zu? Und falls ja, hat die PR oder das Marketing dabei den Lead?

In der Tat werden wir als GPRA auch zum Publisher und das Ergebnis ist ab dem zweiten Quartal zu sehen. Bei uns ist die PR im Lead.

6. Was kann Marketing von PR lernen und wo kann PR sich eine Scheibe vom Marketing abschneiden?

Die PR braucht sich nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil, sie kann dem Marketing Orientierung geben.

Die Grenzen zwischen Marketing und PR sind schon längst verschmolzen. Wenn es etwas ist, was wir PRler von unseren Marketing-Kollegen lernen können, dann ist es, lauter über unsere Projekte und Erfolge sowie unseren Beitrag zur Wertschöpfung zu berichten. Hierbei würde ich gerne die Unternehmen ermutigen, dies gemeinsam mit ihren Agenturen mehr zu tun. Die PR braucht sich nicht zu verstecken, ganz im Gegenteil, sie kann dem Marketing Orientierung geben, zum Beispiel in Form von professionellen Standards wie dem Kommunikationsindex oder der Online-Richtlinie. Besonders auch das Thema Haltung und Authentizität dürfte etwas sehr Zentrales der PR sein, das das Marketing sich bei uns „abschneiden“ kann.

7. Bitte nennen Sie Ihr aktuelles Lieblingsbeispiel für kluge, effektvolle und moderne PR (Strategie, Maßnahme, Person), das nicht von/aus Ihrem Unternehmen stammt.

The Trash Isles – Plastic Oceans Foundation
Im Nordpazifik gibt es so viel Plastik, dass sich eine Müllhalde von der Größe Frankreichs gebildet hat. Da die Regierungen dies ignorierten, wollte die Plastic Oceans Foundation einen Weg finden, dies zu verändern. Dies geschah, indem der „landesweite Müllplatz“ in ein offizielles Land verwandelt wurde. Am Weltozeantag, dem 8. Juni 2017, stellten die Plastic Oceans Foundation und LADbible bei den Vereinten Nationen einen Antrag auf Anerkennung der Trash Isles als offizielles Land.

Denn wenn es als offizielles Land anerkannt wird, sind andere Länder verpflichtet, bei der Reinigung zu helfen. Hierdurch wurde eine Identität für das Land geschaffen und die Öffentlichkeit gebeten, es zu unterstützen, indem sie Bürger werden. Über 220.000 Menschen unterschrieben die Petition von change.org und wurden Bürger. Es gab 690.000 Likes, Shares und Kommentare. Insgesamt hatte die Trash-Isles-Kampagne über 50 Millionen Videoaufrufe und viele Prominente unterstützten das Projekt.

All dies führte zu einer Stellungnahme der UNO über die Kampagne und rückte das Thema an die Spitze der politischen Agenda. Zum Teil aufgrund des Erfolgs der Kampagnen ist Kunststoff in den Ozeanen zu einem großen Diskussionspunkt auf der ganzen Welt geworden und 193 Länder haben sich auf der jüngsten UN-Konferenz verpflichtet, die globale Krise des Kunststoffs in den Ozeanen anzugehen.

(http://www.ladbible.com/trashisles/welcome)

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.