Apps in China

In wenigen Jahren ist in China ein digitales Ökosystem der Superlative entstanden. In keinen Markt der Welt wird mehr Wagniskapital gepumpt. Die drei führenden Tech-Firmen Baidu, Alibaba und Tencent (kurz BAT) spielen mit einer Gesamtbewertung von über einer Billion Dollar inzwischen in der Liga von Facebook, Amazon, Netflix und Google. Nirgendwo schießen zudem mehr Jungunternehmen aus dem Boden. In einer siebenteiligen Serie erklären wir, wer die entscheidenden Köpfe in der Industrie sind, welche Unternehmen Kommunikationsprofis kennen sollten und wieso die Zukunft des Internets in China schon Realität ist.


Wie Chinas digitales Ökosystem funktioniert

Knapp 30 Jahre ist es her, dass China das erste Mal eine Internetverbindung ins Ausland herstellte. Im Mai 1989 ging das Milliardenland online. Seitdem ist nicht nur die Zahl der Internetnutzer von einer Handvoll Menschen auf 772 Millionen Nutzer angestiegen. Das Internet ist zum Wachstumstreiber und Nährboden eines Ökosystems geworden, das inzwischen auch Vorbild für digitale Entwicklungen in anderen Ländern geworden ist.

Apps in China

Das Besondere: Während in der EU viele Plattformen und Internetdienste wie die Suchmaschine Google und das soziale Netzwerk Facebook übernommen wurden und heute zu den populärsten Seiten im europäischen Netz gehören, hat sich in China ein eigenes Ökosystem entwickelt. Bereits Ende der 1990er-Jahre sperrte die chinesische Regierung ausgewählte Internetseiten aus dem Ausland. Heute sind Tausende Internetauftritte von internationalen Medien, sozialen Netzwerken und Dienstleistern in China blockiert und nur mithilfe von sogenannten VPNs zu erreichen, welche die staatliche Blockade überwinden können. Zu gesperrten Diensten gehören Facebook, Instagram und Google.

Die vier großen Player

Durch das digitale Bollwerk konnten im Land eigenständige chinesische Äquivalente zu den westlichen Tech-Firmen entstehen. Darunter Milliardenunternehmen wie Alibaba, Baidu und Tencent, die mit vergleichbaren Diensten den chinesischen Markt dominieren. Die vier größten Player sind Alibaba mit einer Bewertung von 492,4 Milliarden Dollar, Tencent mit 353 Milliarden Dollar, der mobile Bezahldienst-Anbieter und Tochter von Alibaba Ant Financial mit 150 Milliarden Dollar sowie der Suchmaschinenentwickler Baidu mit einer Bewertung von 87,8 Milliarden Dollar. Charakteristisch für diese Firmen ist, dass sie sich nicht nur auf eine Branche konzentrieren, sondern in alle Sektoren expandieren und investieren.

Apps in China

Alibaba beispielsweise betreibt im Bereich E-Commerce vier Plattformen, darunter Taobao sowie Tmall, und investiert in sieben weitere Onlinehändler im In- und Ausland. Das Unternehmen hat zwei eigene Musik- und Filmfirmen und ist an drei weiteren Firmen aus der Branche beteiligt, dazu kommen eine eigene soziale Plattform, Investitionen in drei soziale Medien, darunter Snap. Außerdem ist es an drei Sharing-Plattformen wie dem US-amerikanischen Lyft beteiligt und forscht eigenständig im Bereich der künstlichen Intelligenz. Der Konzern ist außerdem einer der Investoren des KI-Start-ups SenseTime und entwickelt mit Tmall Genie eigene Smart Devices. Alibaba und andere chinesische Firmen profitieren dabei besonders von den hohen Nutzerzahlen und den großen Datenmassen, die diese generieren.

In unserer neuen Mini-Serie geben wir einen Überblick zur chinesischen Digital-Sphäre, in welchem wir uns mit den erfolgreichsten Apps und ihren unterschiedlichen Ansätzen und Geschäftsmodellen beschäftigen. Wir erläutern verschiedene digitale Anwendungsgebiete und erklären die Funktionsweisen der einzelnen Dienste.

Die komplette Serie mit allen bisher erschienen Teilen der Reihe finden Sie hier.

Über den Autor

Oliver Nermerich ist Kommunikationswissenschaftler und lebt im Internet. Bei OSK arbeitet er als Manager Online/Social Media und entwickelt kundenübergreifend Strategien, Auftritte und Kampagnen für das Internet und mobile Anwendungen. Auch privat dreht sich bei ihm alles um die digitale Welt: Er gehört zum Autorenteam des Lifestyle-Blogs Whudat.de und betreibt mit Freunden das Rolling-Magazin "Be-Mag". Sein Smartphone gibt er nur aus der Hand, wenn er auf sein Board steigt und an der Algarve die nächste Welle surft. Für das OSK Blog spürt er die neuesten Trends und Entwicklungen im Netz auf und spricht mit Meinungsmachern und Digital Influencern.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.