Sascha Pallenberg beim Periscope-Stream

Seine Fans feiern ihn für seine konsequente Art, Missstände anzuprangern, und für den direkten Dialog mit seinen Lesern. Seinen Blog Mobilegeeks, auf dem er sich mit den aktuellen Entwicklungen auf dem Markt für Mobile Computing befasst, betreibt er aus Taipeh. Sascha Pallenberg (43) zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Tech-Bloggern. Gestartet als relativ unbekannter Technik-Nerd, beschäftigt Sascha Pallenberg heute elf Blogger in Deutschland, Taiwan und den USA. Mit seinem Team deckt er so die gesamte internationale Mobile-Computing-Szene ab und erreicht über diverse Kanäle, darunter die Facebook-Seite von Mobilegeeks, jeden Tag mehr als 125.000 Menschen. Im Gespräch mit OSK erzählt er von seinen bescheidenen Anfängen, kritisiert die YouTube-Szene und erklärt, welche Kriterien gutes Content-Marketing erfüllen muss. “Ich würde jeder Firma raten, über sich zu erzählen”, so Sascha Pallenberg.

Sascha Pallenberg in KölnSascha Pallenberg hat 2001 mit dem Bloggen angefangen.

Angefangen hat alles im Jahr 2001. Damals suchte Pallenberg nach dem richtigen Weg, um Themen der Technikwelt zu kommunizieren. Im Netz veröffentlichte er Mainboard-Tests, die ihm heute „sehr trocken und langweilig“ erscheinen. Den ersten „richtigen“ Blog-Post veröffentlichte er erst sechs Jahre später, 2007. Im Vergleich zu damals bloggt er heute, wie er selbst findet, „weitaus aggressiver“. Was nicht völlig selbstverständlich ist. Denn zu Beginn seiner Karriere veröffentlichte der heute 43-Jährige auch Artikel, die bei einigen Unternehmen für so viel Wirbel sorgten, dass sie ihn verklagten. „Im Grunde entwickelte ich damals Angst vor der eigenen Courage − Angst vor dem, was meine Beiträge eigentlich ausmachen“, so Pallenberg. Inzwischen hat er diese Form des Gegenwinds aber als Teil des Publishings akzeptiert und seine Angst abgelegt.

Dass dieser offensive Stil mittlerweile etabliert ist, hänge auch damit zusammen, dass Unternehmen gegenüber Bloggern eine größere Toleranz entwickelt hätten. Früher wurde sich „stärker über negative Blogger-Beiträge geärgert“, findet Pallenberg. Denn manche seiner Artikel täten den betreffenden Firmen „schon sehr weh“. Aber er lüge seine Leser nicht an. Was ihn, wie er findet, von einer anderen Gruppe von Online-Influencern unterscheidet: der YouTube-Szene. Dass einige der YouTube-Stars zum Product Placement neigen und Mittel von Marketing und PR einsetzen, ist für Pallenberg schlicht Verlogenheit. Und deshalb „eine Katastrophe für alle Autoren, die für Transparenz stehen und sich nicht von der Industrie kaufen lassen wollen.“ In Sachen Transparenz sieht er die Blogger deshalb auch wesentlich stärker positioniert als viele YouTuber.

Sascha Pallenberg bei der Arbeit.An die Inhalte auf seinem Blog hat der 43-Jährige hohe Ansprüche. (Foto: Sascha Pallenberg)

Ansprüche hat Pallenberg aber nicht nur an seine Transparenz, sondern auch an die Inhalte, die er über seine Kanäle schickt. „Die besten Tech-Blog-Stories in Deutschland abliefern, die interessantesten und besten Analysen durchführen, die besten Kommentare erhalten“: Das und nicht weniger will er mit seinem Team leisten. Deshalb arbeitet Pallenberg nach einem „schönen japanischen Sprichwort“, das da lautet: “It is better, better, never the best“. Dieses Motto soll ihn davon abhalten, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Sein Content soll aber mehr leisten, als nur Informationen zu liefern. Pallenberg will sich mit seinen Methoden abgrenzen „von einer Szene, die dem professionellen Tech-Blogging in Deutschland nicht gut getan hat.“ Live-Streams oder Live-Blogs zu Events großer Tech-Unternehmen wie Apple und Samsung seien heute bei vielen Medien Standard, den sie jedoch bei Bloggern abgekupfert hätten. Dass das Thema „Tech“ im Mainstream angekommen ist, darüber ist Pallenberg dementsprechend „nicht so froh!“

Den modernen und schnelllebigen Online-Markt mit Zeitdruck und jeder Menge Konkurrenz sieht er ohnehin kritisch: „Ich möchte weder meine, noch die Lebenszeit meiner Leser dafür verschwenden, Sachen lesen zu müssen, die in zwei Stunden eh wieder alt sind.“ Einen Großteil der Publikationen im Tech-Bereich findet der Blogger ohnehin unnötig. Ob das Handymodell in lila-weiß-gepunktet auf den Markt kommt oder nicht, hält er für irrelevant. Dabei streitet Pallenberg nicht ab, selbst bereits am Rennen um Klicks mitverdient zu haben. Um seinen eigenen Ansprüchen aber wieder genügen zu können, leitete er einen Kurswechsel ein. Mit demselben Team reduzierte er seinen Output an Beiträgen: „Jetzt lassen wir uns viel mehr Zeit mit den Beiträgen und produzieren lieber gute Artikel, als auf diesen schnellen Hype zu setzen. Wir schreiben keine Texte mehr für Algorithmen von Suchmaschinen“, so Pallenberg. Seine Artikel werden eher in sozialen Netzwerken geteilt. Auf Facebook kann Mobilegeeks inzwischen ein User-Engagement von über 30 Prozent vorweisen: „Daran merken wir, die Arbeit die wir reingesteckt haben, zahlt sich aus“, so der stolze Blog-Chef Pallenberg.

Sascha Pallenberg SmartphonesAuf einen Großteil der Publikationen im Tech-Bereich könnte Pallenberg verzichten. (Foto: Sascha Pallenberg)

Einen Trend in die falsche Richtung hat Pallenberg dennoch ausgemacht: „In diesem Markt wird häufig die Reichweite mit der Relevanz verwechselt.“ Trotz guter Zahlen findet er, dass mehr darauf geachtet werden sollte, wer mit einer Nachricht erreicht wird. Blogger sieht er gegenüber dem Print klar im Vorteil, da sie ihren Werbekunden nicht nur genau benennen können, welche Werbeflächen eingeblendet und geklickt wurden, sondern auch, welche Influencer die Beiträge teilen: „Viele unserer Leser kommen aus dem journalistischen Bereich oder von Firmen aus der Branche. Die finden es gut, wenn wir auch mal Leuten auf die Füße treten. Wenn diese Leute dann unsere Beiträge lesen und sich damit beschäftigen, das ist Relevanz“, findet Pallenberg.

Für relevant und interessant hält er auch Content Marketing: „Es gibt sehr gutes Content-Marketing, und ich halte das für einen ganz wichtigen Kanal der Zukunft.“ Die Beispiele von Bosch-Global und der Instagram-Strategie von Mercedes beeindrucken ihn in Deutschland am meisten. Denn beide Unternehmen würden nicht das Produkt in den Vordergrund stellen, sondern erzählten immer eine gute Geschichte. Wenn das funktioniert, nehmen die Leser das neue Format in Pallenbergs Augen auch an und erwarten die Beiträge der Firmen mit Freude. Dieses Ziel müsse man sich durch guten Content hart erarbeiten. Der Tech-Fachmann sieht aber bei Weitem nicht alles im Bereich Content-Marketing positiv: „Wenn jemand jedoch einen Schleichwerbung-Webshop aufmacht und das dann Content-Marketing nennt, lehne ich das ab. Das sind für mich Curved von E-Plus oder TURN ON von Saturn. Das sind keine Tech-Blogs und keine journalistischen Inhalte, sondern Online-Shops. Die Angestellten sind austauschbare Werbeposter, größtenteils ohne technischen Hintergrund.“

Dass in der heutigen Zeit auch auf ihn Unternehmen zukommen, gibt Pallenberg offen zu. Klassisches Content-Marketing lehnt er für seine Kanäle aber kategorisch ab. Wenn er für Unternehmen arbeite, dann stets deutlich gekennzeichnet und nur über deren Kanäle. Ein Video-Projekt, das er selbst publizieren will, ist aber in Planung. Der Clou: Pallenberg will gemeinsam mit Firmen Gutes tun. Er produziert dabei einen Spot für Kunden. Das Unternehmen sollte aber nicht nur ans Geld denken. Denn: „Es geht dabei um die gute Sache und nicht um Erlöse.“ Denn der komplette Gewinn werde an eine Charity-Organisation gehen.

Sascha Pallenberg Interview 2Klassisches Content-Marketing lehnt er für seine Kanäle ab. (Foto: Sascha Pallenberg)

Eine Zusammenarbeit zwischen Bloggern und Unternehmen, die für beide Seiten auch finanzielle Reize bietet, hält Pallenberg hingegen nicht grundsätzlich für problematisch. So lange der eigentliche Content unbeeinflusst bleibe. „Aus Blogger Relations kann für beide Seiten eine Win-Win-Situation entstehen. Wenn ein Blogger zu tollen Veranstaltungen eingeladen wird und darüber berichten kann, profitiert er ganz klar auch davon. In den klassischen Medien ist das gang und gäbe“, weiß Pallenberg. Wichtig sei, dass der Blogger zum Unternehmen passe und mit Sorgfalt gewählt werde. Der Blogger hingegen solle aufpassen, sich vom Unternehmen nicht zu sehr vereinnahmen zu lassen.

Auch abseits der Blogger Relations suchen heute immer mehr Firmen den direkten Weg in die Öffentlichkeit. Sie bloggen oder bieten andere Content-Plattformen an. Um dabei erfolgreich zu sein, sollten sich die Unternehmen laut Pallenberg keinesfalls hinter ihren Produkten verstecken: „Ich würde jeder Firma raten, über sich zu erzählen. Also wer man ist, woher man kommt, wer zum Team gehört und wie die Aufgabenverteilung aussieht“. Der nächste Schritt sei dann, die Produkte zu emotionalisieren, woran viele Unternehmen scheiterten. Pallenberg nennt Apple als wohl prominentestes Positiv-Beispiel, das für Design und Innovation steht. Unternehmen müssen versuchen, die richtigen Adjektive zu besetzen. Das wiederum gelinge nur mit „vernünftigem Content und tollen Geschichten“.

Sascha Pallenberg Smartphone Smartphones und Notebooks befinden sich laut dem Technik-Experten in einer Krise.

Was den aktuellen Stand der Technik angeht, hat Sascha Pallenberg für uns einen Blick in die Glaskugel riskiert. Vor einigen Wochen stellte der Mobile-Computing-Experte die These auf, dass Smartphones und Notebooks sich in einer Sackgasse befänden. Gemeint sei, dass sich in den letzten Jahren nur noch wenig am grundlegenden Konzept verändert habe: „Momentan liefern sich die Hersteller nur noch einen Kampf um Geschwindigkeit, Prozessoren und Bildschirmauflösung.” Dabei sei vor allem der Preis die Stellschraube der Zukunft. Geräte im Bereich zwischen 150 bis 200 Euro könnten heute 90 Prozent der Dinge, die ein Hochpreisgerät kann.

Diese Entwicklung mache es überflüssig, jedes Jahr das neuste Smartphone zu kaufen. „Denn das Gerät vom letzten Jahr ist immer noch super“, meint Pallenberg. Darüber ärgerten sich dann nur Hersteller. Wirklichen Fortschritt sieht er nur im Bereich der Akkus: „Im Endeffekt wird sich in naher Zukunft nur die Akkulaufzeit verbessern und die kabellose Nutzung weiterentwickeln. So zum Beispiel die Art und Weise, wie die Geräte aufgeladen werden oder sich mit andern Monitoren und Geräten verbinden lassen.“


 

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Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.