Snapchat-Journalismus 1

Sie möchten unseren Newsletter zukünftig direkt an Ihr E-Mail-Postfach zugestellt bekommen? Dann melden Sie sich hier für den OSK Weekly an.

Liebe Leserinnen und Leser,

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat angekündigt, nach Deutschland zu kommen, um sich persönlich den Fragen von Facebook-Nutzern zu stellen. Infos zum exakten Zeitpunkt und genauere Details zum Ablauf des Besuchs gibt es noch nicht. Doch in dem avisierten „Townhall Meeting“ wird sich Zuckerberg wohl auch Kritik an Facebook anhören dürfen.

Dennoch wächst die Bedeutung des Netzwerks auch in Deutschland stetig. 27 Millionen Menschen sind hierzulande auf der Plattform aktiv. Hinzu kommen neun Millionen deutsche Nutzer der Foto-App Instagram, die zum Facebook-Imperium gehört. Soziale Netzwerke sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Sie verändern sich, entwickeln sich weiter, passen sich an. Und sie haben Einfluss auf unseren Alltag, das soziale Miteinander und die Art der Kommunikation. Der OSK Weekly hat in dieser Woche daher einen Social-Media-Schwerpunkt. Eines der Themen: Ist Snapchat für den Journalismus geeignet oder nicht?

Snapchat-Journalismus – ein schwieriger Fall

Die Meinungen könnten nicht unterschiedlicher sein: Während sich bento-Redakteur Martin Giesler im Experimentier-Modus befindet und dankbar ist für jedes Medium, das sich an Snapchat versucht, äußert sich t3n.de-Redaktionsleiter Florian Blaschke eher kritisch. Er solidarisiert sich mit allen, die mit Snapchat eher wenig anfangen können. Blaschke findet die App alles andere als intuitiv. Außerdem stellt er kritisch in Frage, ob man auf eine Qualitätskontrolle bei der Verbreitung von News verzichten wolle oder ob Snapchat-Stories mit journalistischer Aufbereitung nicht fehl am Platz seien neben YouTube-Stars wie Dagi Bee. Zudem stört ihn die 24-Stunden-Begrenzung: „Journalismus, der sich selbst zerstört? Dürfte vielen Kollegen so fremd sein wie echtes Leserfeedback“, moniert Blaschke. Ganz anders Martin Giesler: Er hinterfragt weniger, sondern zeigt, wie sich bento.de und US-Medien an Snapchat herantasten. Beim Blick auf den kontroversen Diskurs wird klar: Snapchat ist ein noch zu erforschendes Feld. Wie Snapchat-Journalismus erfolgreich sein kann und welche Strategien funktionieren, das weiß offenbar noch niemand so genau.

Ob Snapchat für die eigene Kommunikations-Strategie der richtige Kanal ist, muss jedes (Medien-)Unternehmen für sich selbst prüfen. Damit zu starten, nur weil es jetzt jeder tut, ist sicher nicht zielführend. Ignorieren sollte man die App aber auch nicht. Jetzt ist noch die Zeit für Experimente.

Was deutsche Medienmacher von Buzzfeed lernen können

Nach dem Abgang von Juliane Leopold als Chefredakteurin bei Buzzfeed hagelte es Häme und Spott. Völlig zu Unrecht, findet Lars Budde, Autor bei t3n.de. Denn Buzzfeed mache in Sachen Reichweite und Distribution vieles richtig, was in der Welt der klassischen Verlage oft noch nicht rundläuft. AdBlocker, die schwierige Vermarktung mobiler Nutzer und nicht zuletzt die sinkenden Einnahmen etablierter Printtitel stellen die Branche vor große Probleme. Verlage können laut Budde von Buzzfeed mehr lernen, als sie denken. Denn das Medienunternehmen hat innerhalb kürzester Zeit über 200 Millionen eindeutige Besucher pro Monat generiert. Das Erfolgsgeheimnis von Buzzfeed seien aber nicht allein Listicles und Katzenbilder. Mit dem Tool „Pound“, das untersucht, welche Kanäle die entscheidenden Treiber von Viralität sind, sowie einer internen Agentur biete Buzzfeed außerdem Vermarktungs-Lösungen, an denen sich die Konkurrenz ein Beispiel nehmen könne.

Über die Inhalte von Buzzfeed lässt sich sicher streiten. Am Ende ist es, wie fast überall, Geschmackssache. Dass das Medienunternehmen in Sachen Reichweite und Vermarktung große Erfolge verzeichnet, bleibt dagegen unbestritten. In Sachen Social Media wissen die Macher, was sie tun. Den Austausch zu suchen anstatt die Nase zu rümpfen, wäre sicherlich der bessere Rat an die Spötter.

Vertrauenskrise der Medien: Alles gar nicht so schlimm?

Medien reden sich die angebliche „Vertrauenskrise“ ihrer Branche schlechter, als sie eigentlich ist. Das schreiben Carsten Reinmann und Nayla Fawzi von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität in einem Essay auf tagesspiegel.de. Die Autoren sind der Auffassung, dass die Berichterstattung zum Medienvertrauen viel zu oberflächlich mit Studien und Umfrageergebnissen zu diesem Thema umgehe. So komme es immer wieder zu „Missinterpretationen“, die ein Bild der Medienverdrossenheit zeichneten. Sie belegen dies am Beispiel einer Umfrage des NDR-Medienmagazins Zapp von 2014. Der Vorwurf: Hätten die Zapp-Journalisten die Daten für ihren Bericht mit Langzeitstudien und internationalen Erhebungen verglichen, so wären sie zu einem anderen Ergebnis gekommen, behaupten die beiden Wissenschaftler. Das Vertrauen in die deutschen Medien sei nämlich heute nicht signifikant geringer als in der Vergangenheit. Darüber hinaus verzeichneten deutsche Medien im internationalen Vergleich sehr gute Werte.

// Über OSK Weekly

Die Übersicht behalten: Mit OSK Weekly präsentieren wir einmal wöchentlich einen kompakten Überblick zu aktuellen Entwicklungen aus der Welt der Kommunikations- und Digitalbranche – mit spannenden, bemerkenswerten und wie wir finden teilenswerten Nachrichten aus den Bereichen PR, Marketing, Social Media & Co.

 

Über den Autor

Carsten Christian ist studierter Journalist und Kommunikationswissenschaftler, seinen Master-Abschluss hat er an der Uni Hamburg gemacht. Bevor er zur Agentur kam, war der Digital Native mehr als zwei Jahre für die Online- und Print-Ausgabe der Ruhr Nachrichten im Einsatz. Bei OSK arbeitet er als Team Lead Digital Content, auf dem Agentur-Blog schreibt Carsten über den Medienwandel und Trends im Bereich Digital-Kommunikation. Privat verfolgt er Neuigkeiten in der Videospiel- und Gaming-Szene und greift auch selbst zu Maus und Gamepad.

Dieser Artikel wurde vor mehr als einem Jahr veröffentlicht. Sein Inhalt ist möglicherweise nicht mehr aktuell.