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Posts, Tweets, Alerts, Bilder, Updates, E-Mails, Instant Messaging, Newsfeeds: Wer im Netz aktiv ist, wird mit Informationen bombardiert. Wie Freelancer und Blogger damit umgehen, und warum es sich lohnt, den eigenen Internetverkehr zu entrümpeln.

Die bunte Webwelt

Messenger sind toll. Social Media ist spannend. All die blinkenden, aufwändig designten Programme, all die verschiedenen Login-Panele und Benachrichtigungen machen Spaß. Und sie geben uns das Gefühl, wichtig zu sein. Auf der anderen Seite vergeuden viele Freiberufler und Blogger Zeit mit diesen Medien. Ein zweischneidiges Schwert.

Im Laufe der Jahre hat es sich ein Großteil von uns angewöhnt, die eigenen Kommunikationskanäle auszubauen – teils aus beruflichen, oft aus freizeitlichen Motiven heraus. Und ist es nicht modern, Skype immer auf dem Smartphone laufen zu haben, über WhatsApp Kurznachrichten zu schicken und im Business-Netzwerk rund um die Uhr online zu sein? Modern ist das schon – aber auch verdammt stressig. Im schlimmsten Fall kommen wir durch diesen Druck nie zur Ruhe und fühlen uns immer im Zugzwang. Das Pendant zum „Gesehen“-Hinweis ist bei der E-Mail die Lesebestätigung, die viele Menschen in der Geschäftswelt jedoch als nicht mehr zeitgemäß empfinden.

Es geht nicht darum, die Kanäle gar nicht zu nutzen, sondern sie sparsam und zielgerichtet zu verwenden. Wer permanent online ist, kann auch jederzeit gestört werden. Sollte also kein fester Termin anstehen, reicht es vollkommen aus, die entsprechenden Kanäle ein- bis zweimal täglich auf Neuigkeiten zu überprüfen.

Vorbereitung vs. Alltag

Manchmal ist es schwierig, die einströmenden Fakten, Anfragen und Nachrichten zu sortieren. Einige Situationen bieten einen strategischen Vorteil. Nehmen wir als Beispiel eine anstehende Präsentation – wir können uns rechtzeitig auf das Thema vorbereiten und bereits während der Recherche Wichtiges von Unwichtigem trennen. Doch nicht immer sind Freiberufler in dieser privilegierten Situation. Insbesondere im Alltag lauern überall Ablenkungen. Umso wichtiger ist es, Informationen gezielt zu filtern. Wie aber lässt sich dies umsetzen?

Wer sagt, dass die ganzen Apps, Services und Clients wirklich nötig sind? Viele dieser Programme sind auf den heutigen PCs, Tablets und Smartphones bereits vorinstalliert. Zwar lassen sie sich nicht immer löschen, doch zumindest deaktivieren. Der erste Schritt: das eigene Kommunikationsverhalten im Netz einige Tage lang zu beobachten. Wie oft läuft Facebook parallel zur Arbeit? Wie häufig wandert der Blick über die Mails? Wie viele Male am Tag kommt das Smartphone aus der Hosentasche hervor?

Umgang mit Apps

Zum Glück lässt sich auch im Alltag gut gegensteuern. Schon Kleinigkeiten helfen dabei, die Informationsflut in den Griff zu bekommen:

Schritt 1: Liste mit bevorzugten Apps aufstellen.

Schritt 2: Kreuze hinter Apps machen, wenn sie tatsächlich genutzt werden.

Diese zwei Schritte machen bewusst, wie viel Zeit dabei verloren geht, Informationen immer und immer wieder abzurufen. Anschließend können Freischaffende die Apps mit dem stärksten Aufmerksamkeits-Sog vom Gerät schmeißen oder zumindest ruhigstellen.

Wer nicht auf den Nachrichtenstrom verzichten will, sollte sich das Programm Cloze anschauen. Cloze verwaltet Informationen aus Twitter, Facebook, E-Mails, Anrufen, Notizen, etc.

Belohnungen aufsparen

Das Web ist nicht nur ein Hort des Wissens, sondern auch der Unterhaltung. Unsere Aufnahmefähigkeit ist allerdings begrenzt. Umso wichtiger ist es, Informationen nach ihrem Nutzen zu filtern. Dazu gehört auch, die zugesandten YouTube-Links und 9Gag-Bilder vorerst zu ignorieren. Es muss ja kein gänzlicher Verzicht sein. Viel effektiver ist es, derartige Unterhaltungen als Belohnungen aufzusparen, wenn das Notwendige erledigt ist.

Unternehmer Tim Ferriss empfiehlt in seinem Buch The 4-Hour Workweek, Mails nur zu bestimmten Zeitpunkten, zum Beispiel morgens und abends zu checken. Der Vorteil liegt auf der Hand: ein gesammelter Überblick der E-Mails, die entsprechend hintereinander weg bearbeitet werden können. Selbst in unserer schnelllebigen Zeit ist es nach wie vor üblich, Mails mit einer Verzögerung von mehreren Stunden zu beantworten (24-Stunden-Regel), doch ist dies natürlich abhängig von der Branche. Dennoch: Meistens lassen E-Mails sich zu einem späteren Zeitpunkt gebündelt beantworten.

E-Mail-Filter anlegen?

Insbesondere Mail-Clients können Probleme bereiten. Zwar sammeln sie alle E-Mails, der User bekommt allerdings auch die ganze Breitseite an elektronischen Nachrichten ab. Noch schlimmer: Wenn der Client im Hintergrund läuft, poppt alle paar Sekunden eine neue Mail auf und reißt einen aus der aktuellen Tätigkeit heraus.

Natürlich lassen sich individuelle Einstellungen vornehmen, Filter anlegen und lästige Mails verschieben. Doch warum der ganze Aufwand? Warum mehrere Stunden dafür investieren, wenn man genauso gut über ein Web-Interface gezielt auf seine Mails zugreifen kann – und zwar dann, wenn der Nutzer es will und nicht die anderen.

Schluss mit Unterbrechungen

Der Nutzen von Multi-Tasking gehört ins Reich der Mythen. Experten gehen davon aus, dass ein ständiger Wechsel zwischen Tätigkeiten nicht nur wenig produktiv, sondern sogar schädlich für die Konzentration ist. Das menschliche Gehirn kann sich nur einer Aufgabe voll und ganz widmen – eine Tatsache, die der heutigen Flut an Informationen, Benachrichtigungen und Reizen diametral entgegensteht.

Jede Form von Multi-Tasking ist eine Unterbrechung, die aus dem Wesentlichen herausreißt. Der Signalton des Handys, wenn eine E-Mail ankommt, ein fragendes Bimmeln, wenn eine App aktualisiert werden soll – all das stört die aktuelle Tätigkeit. Auch hier gilt: deaktivieren bzw. Meldungen einschränken, so gut es geht. In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, die einströmenden Informationen nach Priorität zu filtern: Welche Aufgabe ist von hoher Wichtigkeit, und was kann warten? Welche Feeds können abgemeldet werden?

Schluss mit der Erwartungshaltung, jederzeit und überall erreichbar sein zu müssen. Freiberufler sollten klar nach außen kommunizieren, dass sie nur in einem bestimmten Zeitraum auf E-Mails und Telefonanrufe antworten. Dies lässt sich auch indirekt mitteilen, indem man außerhalb dieses Zeitraums nicht auf Anfragen reagiert. Übertreiben sollte man es natürlich nicht. Eine Anfrage kann und sollte durchaus zeitnah beantwortet werden. Hier geht es aber um das reflexhafte Reagieren, das sich schädlich auf Gesundheit und Konzentration auswirkt.

Reduktion lautet das Geheimnis

Am besten ist es, Skype und Twitter einfach mal eine Weile auszulassen oder noch besser: alle Programme und Apps, die nicht unmittelbar benötigt werden, zu verbannen. Sich offline zu treffen ist ohnehin erfüllender als jeder Chat.

Hier noch einmal zusammengefasst, was Freelancer und Blogger tun können, um Freiräume zu schaffen:

  1. Überflüssige Apps deinstallieren/deaktivieren
  2. Nur zeitweise in Social Media einloggen
  3. Unterhaltsame Inhalte als Belohnungen aufsparen
  4. Mails nur morgens und/oder abends überprüfen
  5. Zeitraum für Erreichbarkeit festlegen (zum Beispiel nicht mehr nach 18 Uhr)

Beim Filtern von Informationen dreht sich alles um Selbstorganisation und Zeitmanagement. Inzwischen existieren Tools, die Ablenkungen reduzieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die App Offtime. Auch Google hat kürzlich eine interessante App für den hauseigenen Browser Chrome vorgestellt: den News Feed Eradicator for Facebook. Ist die App für den eigenen Browser aktiviert, werden der Newsfeed und der Live-Ticker bei Facebook ausgeschaltet und durch ein inspirierendes Zitat ersetzt. Auch wer diese Tools nicht benutzt, kann lernen, den vielfältigen Ablenkungen des Alltags zu widerstehen.

Gezielt Informationen beschaffen

Die digitale Entrümplung dient vor allem dem Zweck, Ordnung und Struktur in das eigene Internet-Verhalten zu bringen. Wenn wir gezielt die Informationen abrufen, die wir benötigen, machen wir uns vom passiven Empfänger zum aktiven Entscheider. Gut beobachten lässt sich dieses Phänomen anhand der steigenden Beliebtheit von Mediatheken und Streaming-Diensten.

User schätzen es, auf Filme, Serien und Sendungen zugreifen zu können, wenn ihnen danach ist – ohne sich nach einem festen Ausstrahlungstermin richten und Werbung konsumieren zu müssen. Zu diesem Thema zeigte „ZDF log in“ eine spannende Diskussion zwischen Moderator Oliver Kalkofe, YouTuber Florian Mundt alias „Le Floid“, Journalist Jo Schück und Fernsehkritikerin Klaudia Wick. Ähnlich verhält es sich mit Kommunikations-Apps und E-Mails. Sie sind mächtige und äußerst nützliche Werkzeuge, die wohldosiert eine effektive Vernetzung ermöglichen.

Organisierter fühlen

Freiberufler und Blogger sollten sich nicht mit unnötigen Messaging-Tools überfrachten und dem Drang widerstehen, auf alle Nachrichten immer und jederzeit antworten zu müssen. Jedes Werkzeug, das eher ablenkt als hilft, sollte während der Arbeit deaktiviert oder entfernt werden. Klar zu kommunizieren, wann man erreichbar ist, hilft ebenfalls, die Informationsflut unter Kontrolle zu bringen. Am Ende ist es wie beim Frühjahrsputz: Wer sein digitales Leben entrümpelt, wird sich nach diesem Online-Hausputz deutlich besser, freier und organisierter fühlen. Man muss nur einfach damit starten.

// Über den Gastautor

© Lydia RechBenjamin Brückner ist Journalist, Blogger und Gründer der Online-Plattform Freelance Start. Nach mehrjährigen Tätigkeiten in Hörfunk- und Fernsehredaktionen veröffentlichte er zwei Bücher und arbeitet unter anderem als Redakteur und Newsletter-Teamleiter bei Zielbar. Auf seinem eigenen Blog verfasst er regelmäßig Rezensionen, Lesetipps und Analysen zu gesellschaftlichen Themen. Privat interessiert Benjamin sich für Philosophie, Geschichte, Sport, digitale Entwicklungen und natürlich für kreatives Schreiben. Für den OSK-Blog schreibt der 30-Jährige als Gast-Autor über aktuelle Internettrends, die Digitalisierung und die Medienbranche.

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